Ein Stein auf meinem Herzen

Vom Überleben des Holocaust und dem Weiterleben in Deutschland

Autor: Shlomo Birnbaum
Autor: Rafael Seligmann

Klappentext:

Die Geschichte eines der letzten Zeitzeugen des Holocaust – aufgeschrieben von Rafael Seligmann

„Shlomo Birnbaum, geboren 1927, wächst in einem jüdisch-orthodoxen Haus im polnischen Tschenstochau auf. Nach dem Einmarsch der Nazis im September 1939 muss die Familie ins Ghetto. Der Alltag ist bestimmt von Angst und Tod, noch heute sagt Birnbaum: »Ich habe erlebt, wie meine Mutter in den Tod geschickt wurde, wie meine Brüder und Schwestern umgebracht wurden. Ich konnte nicht mehr glauben. Wo war Gott?« Zusammen mit seinem Vater Arie, der ihn immer wieder rettet, überlebt Shlomo, muss aber nach seiner »Befreiung« Sklavenarbeit in einer Rüstungsfabrik leisten und wird nach dem Krieg erneut mit mörderischem Judenhass konfrontiert – diesmal von Seiten der Polen. Shlomo und sein Vater fliehen schließlich in das Land, in das sie nie hatten einen Fuß setzen wollen: nach Deutschland. In München gründet Shlomo eine Familie, hat vier Kinder, wird Unternehmer, findet Freunde. Obwohl er die Vergangenheit nie ganz hinter sich lassen kann, lebt er doch ein neues Leben, das er nie für möglich gehalten hätte. Birnbaums Geschichte, aufgeschrieben von Rafael Seligmann, ist das Dokument eines sehr persönlichen Ringens mit dem Glauben, über besondere Vater-Sohn-Bande, die sich über Generationen spannen, und das ergreifende Zeugnis seines Kampfes ums Überleben und Weiterleben im Land der Feinde.“

Presseinformation des Verlags:

Der Holocaustüberlebende Shlomo Birnbaum
über sein Leben in Deutschland:
»Ein Stein auf meinem Herzen« erscheint bei Herder

»Ein Stein auf meinem Herzen«:
Der Holocaustüberlebende Shlomo Birnbaum
berichtet in einem ergreifenden Buch,
wie er im »Land der Täter« heimisch werden konnte –
aufgezeichnet von Rafael Seligmann /
Jetzt im Herder Verlag

„Als die Deutschen am 1. September 1939 mit dem Einmarsch in Polen den Zweiten Weltkrieg lostreten, bricht für den damals zwölfjährigen Shlomo Birnbaum eine Welt zusammen. Von einem Tag auf den anderen ist seine Kindheit zu Ende. Erwachsen wird er in der Hölle des Naziterrors, dem seine Mutter, seine Schwestern und Brüder zum Opfer fallen. Birnbaum überlebt. Dank seines Vaters. Als er schließlich auch im Nachkriegspolen Anfeindungen und Antisemitismus ausgesetzt ist, beschließt er, zusammen mit seinem Vater nach Deutschland zu fliehen. In dem Land, das seine Familie auf dem Gewissen hat, gründet er schließlich eine Familie. Seine tragische, erschreckende, bewegende und berührende Geschichte erzählt der heute 89-Jährige erstmals in dem Buch »Ein Stein auf meinem Herzen. Vom Überleben des Holocaust und dem Weiterleben in Deutschland«. Aufgeschrieben hat sie der renommierte jüdische Schriftsteller Rafael Seligmann. Das Buch erscheint im Verlag Herder.

»Seit ich 15 bin, habe ich nicht mehr zu Gott gebetet«, schreibt Birnbaum. »Damals, 1942, als das Böse herrschte, dessen Opfer meine Mutter, meine Geschwister und bald auch unsere ganze Gemeinde wurden, habe ich meinen Glauben verloren. Mein Enkel ist in München geboren. In Deutschland, wo ich nie sein wollte und doch die letzten siebzig Jahre, also fast mein ganzes Leben, verbracht habe. Hier habe ich eine Familie gegründet. Ich habe meine Frau Helen aus Israel hierher gebracht. In München sind unsere Kinder zur Welt gekommen, nun auch Enkelkinder. Dass all dies Segensreiche, das uns widerfahren ist, in einem Land geschah, das zu keiner Zeit das meine war, werde ich niemals verstehen.«

In seinem Buch erinnert sich Birnbaum an seine Kindheit, an die Bedeutung des religiösen Lebens für seine Familie. Er erzählt davon, wie die Familie schließlich zusammen mit den anderen Juden der Stadt 1941 von den deutschen Besatzern in ein Ghetto umgesiedelt wird. Den von Hunger, Gewalt und Tod geprägten Alltag in diesem Ghetto beschreibt Birnbaum mit äußerster Akribie und eindringlicher Empathie, wie auch die Flucht, die der mutige und findige Vater organisiert. Als der Krieg schließlich zu Ende ist, finden sich Vater und Sohn in einem Polen wieder, das sich unter dem Druck der Sowjetunion in Richtung Sozialismus bewegt und gleichzeitig alte Animositäten gegen die jüdischen Mitbewohner aufleben lässt. Birnbaum und sein Vater entscheiden sich wieder zur Flucht. Diesmal geht es nach München, wo der Autor schließlich eine Familie gründet und heute seine Kinder und Enkel leben. Das Buch ist für Birnbaum auch ein Versuch, für sich zu klären, wie es ihm möglich war, gerade in dem Land, das ihm so viel Leid zugefügt hat, für sich eine neue Zukunft zu finden.

Es ist eine schmerzhafte, aber mitreißend lebensbejahende Geschichte, die Birnbaum erzählt und die durch Seligmanns wunderbar einfühlsame Sprache zum Leben erweckt wird. Eine Geschichte von einer starken Vater-Sohn-Bande, die tief berührt, vom Hadern und Ringen um den jüdischen Glauben, vom inneren Kampf mit einer Heimat, die eigentlich gar nicht zur Heimat hätte werden dürfen – eine universelle Geschichte vom Leben und Überleben, die eine drängend aktuelle Botschaft hat.

»Nicht nur wir Juden, alle müssen wachsam bleiben«, schreibt Birnbaum am Ende des Buches. »Der Nazismus, die Unmenschlichkeit ist keineswegs tot. Es gibt weltweit verwandte Kräfte, die ähnliche Verbrechen gegen Wehrlose und Unbeteiligte planen und ausüben. Wir dürfen ihnen nie wieder Menschen ausliefern. Verbrecher beschwichtigen zu wollen, ist heute ebenso falsch wie es 1938 war.«“

Eine Leseprobe:

Der Schmerz bleibt

„»Alle raus! Schnell! Schnell!«
Sie haben uns entdeckt. Die letzten Tage hat mir Vater eingeschärft, ständig mein Versteck im Kleinen Ghetto von Tschenstochau zu wechseln. Mal habe ich mich in dem Hohlraum unter einer Treppe verkrochen, dann in einem Schuppen oder auf dem Speicher eines Möbellagers.
Gestern Abend bin ich in einem Keller untergekommen.
Hinter einem Bretterverschlag habe ich mit etwa zwanzig Männern, Frauen und Kindern die Nacht verbracht.
Jetzt stürzen zwei SS-Männer die Treppe herunter und »machen uns Beine«, indem sie mit ihren Gewehrkolben wahllos auf uns eindreschen.
Wir müssen uns auf der Straße aufstellen. Immer drei nebeneinander. »Durchzählen. Sonst Maul halten!«
Hinter mir steht eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm. Sie versucht, sein Weinen zu ersticken.
Ein deutscher Lastwagen braust heran. Ich weiß, was das heißt: Abtransport – zum Erschießen. Mein Mund ist trocken.
Von der anderen Seite naht ein Pferdefuhrwerk. Vater! Ich will laut aufschreien. Doch Vaters Blick verbietet mir das.
Ein SS-Mann brüllt Vater an: »Was machst du da?« »Ich bin der Fuhrmann«, antwortet Vater ruhig. »Ich soll hier warten mit meinem Pferd und dem Wagen. Befehl vom Herrn Scharführer!« Vater befestigt die Zügel, ergreift seine Peitsche und steigt vom Bock herunter.
Unvermittelt gehen die SS-ler weg. Sie befehlen polnischen Polizisten, uns zu bewachen, bis sie zurückkehren. Vater kommt auf uns zu. Er ist noch immer ruhig. Er rennt nicht, geht gefasst, ohne zu zittern.
»Was machst du da?«, schreit ein Pole. Vater bleibt beherrscht. »Ich pass auf! Wie du auch …«
Der polnische Polizist ist unschlüssig, wie er auf Vaters Antwort reagieren soll. Während er noch überlegt, wendet sich Vater an mich. Er spricht leise, doch bestimmt: »Renn weg, Shlojme! Sonst biste toit! Nicht auf den Laster! Renn, was du kannst!«
Ich laufe los. Direkt einem SS-Mann in die Arme. Ich kenne ihn. Schlosser heißt er. Er packt mich, zückt seine Ledergerte und beginnt auf mich einzuprügeln. Tränen schießen mir in die Augen. Doch ich darf nicht schreien. Mein Blick ist auf Vater gerichtet. Er muss zusehen, wie ich geschlagen werde.
Endlich hört der SS-ler auf, mich zu malträtieren. Er stößt mich zur Menschenreihe und brüllt: »Du rennst nicht noch mal weg!« Dann klopft er seine Uniform gerade, als ob nichts geschehen wäre, und geht weiter.
»Loif, Shlojme! Lauf!« …“

Pressestimmen:

  • www.media-spider.com, 10/2016: „Dieses Buch dokumentiert anschaulich den Antisemitismus, d. h. eine mit Nationalismus, Rassismus und Darwinismus begründete Judenfeindlichkeit, mit dem die Juden vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa konfrontiert sind.“

Eigene Meinung / Beurteilung des Buches:

Mit diesem Buch kommt Shlomo Birnbaum dem Wunsch seiner Söhne nach, seine ergreifende Lebensgeschichte aufzuzeichnen. Mit der Unterstützung des bekannten jüdischen Schriftstellers Rafael Seligmann ist ein bewegendes und außergewöhnliches Zeitzeugnis entstanden. Der Jude Shlomo Birnbaum ist zwölf Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbricht und die deutsche Armee in seine Heimat Polen einmarschiert. Die jüdische Familie Birnbaum muss ins Ghetto von Tschenstochau, wo sie unmenschliche Zwangsarbeit verrichten muss und von wo aus sie später auch deportiert wird. Shlomos Mutter und seine vier Geschwister werden ermordet, nur er und sein Vater überleben die Hölle des Ghettos und den Holocaust. Da der Judenhass in Polen auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht endet, beschließen die beiden Männer, nach Deutschland zu fliehen. Ausgerechnet in das Land der Täter und Mörder ihrer Familie. Shlomo Birnbaum und Rafael Seligmann beschreiben herzergreifend die grausame Zeit des Holocaust und das qualvolle Leben im Ghetto von Tschenstochau sowie das für sie immer noch gefährliche und leidvolle Leben nach dem Zweiten Weltkrieg.

Fazit:

Dieses Buch enthält ein Zeitzeugnis wie Unmenschen erbarmungslos selbst wehrlose Alte, Frauen und kleine Kinder im Ghetto von Tschenstochau umbrachten und es dadurch für die Bewohner zu einer Hölle wurde.

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„Die Juden werden nur wegen ihrer Tugenden gehaßt,
nicht wegen ihrer Fehler.“

Theodor Herzl (1860 – 1904),
österreichisch-jüdischer Schriftsteller und Politiker.

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Buchcover:

Ein Stein auf meinem Herzen: Vom Überleben des Holocaust und dem Weiterleben in Deutschland - von Shlomo Birnbaum und Rafael Seligmann ist erschienen im Herder Verlag

Ein Stein auf meinem Herzen: Vom Überleben des Holocaust und dem Weiterleben in Deutschland – von Shlomo Birnbaum und Rafael Seligmann ist erschienen im Herder Verlag

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Verlag: Herder Verlag (13. September 2016).
Seitenanzahl: 176 Seiten.
Bindung: Gebundene Ausgabe.
ISBN-10: 3-451-37586-9.
ISBN-13: 978-3-45137586-6.
Preis: EUR 19,99.

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