Filter Bubble

Wie wir im Internet entmündigt werden

Originaltitel: What the Internet is Hiding From You.

Autor: Eli Pariser

Übersetzerin: Ursula Held

Klappentext:

„Google und viele andere große Plattformen treiben die Entwicklung zur „Personalisierung“ massiv voran: Die Nutzer bekommen im Internet nur noch das zu sehen, was zu ihrem Profil passt. Das kann sinnvoll sein: Bei der Eingabe des Stichwortes „Golf“ erfährt der passionierte Golfer alles über seine Lieblingssportart, während der Autonarr nur Informationen zum VW Golf geliefert bekommt. Doch politisch sind die Folgen gravierend: Wir erhalten nur noch Nachrichten, die zu unseren angestammten Überzeugungen passen, abweichende Standpunkte gehen an uns vorbei. Und weil wir nicht wissen, welche Informationen gefiltert sind, merken wir es nicht einmal. Eli Pariser wendet sich in seinem Buch mutig gegen die rücksichtslosen Big Player des Internets, die Meinungsvielfalt und breite politische Diskussionen auf dem Altar ihres Profits opfern. …“

Eine Leseprobe:

Einleitung

Ein Eichhörnchen, das vor deinem eigenen Haus stirbt,
könnte für dich in diesem Moment interessanter sein als
Menschen, die in Afrika sterben.1
– Mark Zuckerberg, Facebook-Gründer –

Wir formen unser Werkzeug, und danach formt unser Werkzeug uns.2
– Marshall McLuhan, Medientheoretiker –

„Nur wenige haben ein Posting zur Kenntnis genommen, das am 4. Dezember 2009 auf Googles Firmenblog erschien. Die Meldung war ganz unscheinbar – ohne großartige Aufmachung, ohne Silicon-Valley-Hype, nur ein paar Zeilen Text zwischen der wöchentlichen Aktualisierung der häufigsten Suchbegriffe und einem Update von Googles Finanzsoftware.

Aber nicht alle haben die Nachricht übersehen. Der Suchmaschinenexperte Danny Sullivan durchkämmt Googles Blog regelmäßig nach Hinweisen dazu, was der Internetriese als Nächstes vorhat, und für ihn war das Posting eine große Sache. So schrieb er gar später an diesem Tag in seinem Blog, es handele sich hierbei um »die größte Chance, die Suchmaschinen je beinhaltet haben«. Für Danny sagte die Überschrift alles: »Personalisierte Suche für alle«.3

Ab dem Morgen des 4. Dezember 2009 würde Google anhand von 57 Signalen – angefangen von dem Ort, an dem man sich einloggt, über den Browser, den man verwendet, bis zu den Begriffen, nach denen man bisher gesucht hat – Vermutungen darüber anstellen, wer man ist und welche Seiten einen interessieren könnten.4 Selbst bei ausgeloggten Nutzern würden die Suchergebnisse angepasst und an erster Stelle Seiten angezeigt, die nach der Berechnung am wahrscheinlichsten angeklickt würden.

Die meisten von uns nehmen an, dass wir alle dieselben Ergebnisse bekommen, wenn wir einen Begriff googeln – die Ergebnisse, die uns der berühmte PageRank-Algorithmus des Unternehmens vorschlägt, sind die nach der Verlinkungsstruktur maßgeblichsten Seiten. Aber seit Dezember 2009 stimmt diese Vermutung nicht mehr. Nun bekommt man die Ergebnisse, die der Google-Algorithmus als die besten für uns persönlich vorschlägt – und jemand anders sieht womöglich etwas vollkommen anderes. Mit anderen Worten: Es gibt kein Standard-Google mehr.

Es ist nicht schwer zu erkennen, was diese Neuerung im konkreten Fall bedeutet. Im Frühjahr 2010, als die untergegangene Deepwater-Horizon-Bohrplattform Rohöl in den Golf von Mexiko strömen ließ, bat ich zwei Freundinnen, nach dem Begriff »BP« zu suchen. Die beiden sind recht ähnlich – gebildete, politisch nach links tendierende Frauen, die im Nordosten der USA leben. Aber sie bekamen unterschiedliche Ergebnisse zu sehen. Eine Freundin bekam Investmentinformationen zu BP, die andere aktuelle Meldungen zur Katastrophe. Bei der einen Freundin standen auf der ersten Seite der Suchergebnisse Links zu der Ölpest, bei der anderen gab es nichts dergleichen, nur eine Werbeanzeige von BP. …

Die Personalisierung formt den Informationsfluss auch abseits von Facebook, da Websites von den Yahoo News bis zu dem von der New York Times finanzierten Start-up News.me ihre Schlagzeilen unseren besonderen Interessen und Wünschen anpassen. Es hat Einfluss, welche Videos wir uns bei YouTube ansehen und welche Blogposts wir lesen. Es hat Einfluss, wessen E-Mails wir bekommen, welche potenziellen Partner wir übers Online-Dating kennenlernen und welche Restaurants uns bei Yelp empfohlen werden. So hat die Personalisierung nicht nur die Hand im Spiel, wenn es darum geht, wer mit wem ein Date hat, sondern auch bei der Frage, in welches Restaurant man geht und worüber man sich unterhält. Die Algorithmen, die unsere Werbeanzeigen arrangieren, beginnen auch unser Leben zu arrangieren.

Der Grundcode des neuen Internets ist recht simpel. Die neue Generation der Internetfilter schaut sich an, was Sie zu mögen scheinen – wie Sie im Netz aktiv waren oder welche Dinge oder Menschen Ihnen gefallen – und zieht entsprechende Rückschlüsse. Prognosemaschinen entwerfen und verfeinern pausenlos eine Theorie zu Ihrer Persönlichkeit und sagen voraus, was Sie als Nächstes tun und wollen. Zusammen erschaffen diese Maschinen ein ganz eigenes Informationsuniversum für jeden von uns – das, was ich die Filter Bubble nenne – und verändern so auf fundamentale Weise, wie wir an Ideen und Informationen gelangen.

Natürlich haben wir schon immer Medien konsumiert, die unseren Interessen und Aktivitäten entgegenkommen, und den meisten Rest ignoriert. Aber die Filter Bubble bringt bisher nicht gekannte Dynamiken ins Spiel.

Zuerst einmal sitzen wir allein in unserer Filter Bubble. Ein Kabelkanal, der ein spezielles Interesse (sagen wir Golf) bedient, hat noch andere Zuschauer, mit denen man einen Bezugsrahmen teilt. In unserer Bubble aber sind wir die Einzigen. In einer Zeit, da geteilte Informationen die Voraussetzung für geteilte Erfahrungen sind, wirkt die Filter Bubble als Zentrifugalkraft und treibt uns auseinander.

Zweitens ist die Filter Bubble unsichtbar. Die Zuschauer von konservativen oder liberalen Nachrichtensendungen wissen, dass sie einen Sender gewählt haben, der einen bestimmten politischen Standpunkt vertritt. Google sagt Ihnen aber nicht, für welche Person es Sie hält und warum es Ihnen die Ergebnisse zeigt, die Sie auf Ihrem Bildschirm sehen. Sie wissen nicht, ob die Annahmen zu Ihrer Person stimmen – Sie wissen vielleicht nicht einmal, dass Annahmen zu Ihrer Person getroffen werden. Die Freundin, die bei meinem Test Investmentinformationen zu BP bekommen hat, kann sich nicht erklären, wie es dazu kommen konnte – sie ist keine Börsenmaklerin. Da man die Kriterien, mit denen Websites Informationen filtern, nicht selbst festgelegt hat, hält man die Informationen, die in die Filter Bubble gelangen, für neutral, objektiv und wahr. So ist es aber nicht. Wenn man einmal in der Filter Bubble steckt, ist es beinahe unmöglich zu erkennen, wie vorgefasst sie ist.

Und schließlich entscheidet man nicht selbst, in eine Filter Bubble zu treten. Wenn man Fox News einschaltet oder The Nation liest, wählt man bewusst einen Filter aus, mit dem man die Welt betrachtet. Es ist ein aktiver Prozess, so als setze man eine getönte Brille auf. Man erkennt, wie die Ansichten der Redakteure die eigene Wahrnehmung beeinflussen. Bei personalisierten Filtern ist diese Entscheidung nicht möglich, denn hier wird für den Nutzer entschieden. Und weil die Filter den Websites Profite einbringen, werden sie immer schwerer zu umgehen sein. …“

Pressestimmen:

  • Patrick Bernau, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.02.2012: „Online-Aktivist Eli Pariser hat mit seinem Buch eine wichtige Debatte aufgegriffen.“
  • Thomas Thiel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2012: „Sein Buch […] zeigt in ungekannter Deutlichkeit und bestechender Argumentation die langsame Umformung vom selbstbestimmten Ich […] zum fremdgesteuerten Werbemedium.“
  • Jan Füchtjohann, Süddeutsche Zeitung, 08.03.2012: „Damit gelangt man zuletzt zu der wohl wichtigsten Frage, die Parisers sehr interessantes […] Buch aufwirft: Die nach den sich immer deutlicher konsolidierenden Herrschaftsverhältnissen im immer mächtiger werdenden Netz.“
  • Kilian Trotier, Die Zeit, 26.04.2012: „Pariser dekliniert in Filter Bubble durch, was es für unsere vernetzen Gesellschaften bedeutet, wenn die großen Player unser Leben vorsortieren, ohne dass wir die Kriterien kennen, und aus unserer Suchvergangenheit auf unsere Suchzukunft schließen.“
  • www.media-spider.com: „…“

Eigene Meinung / Beurteilung des Buches:

Fazit:

____

Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; 4., überarbeitete Auflage (27. Februar 2012).
Seitenanzahl: 288 Seiten.
Bindung: Gebundene Ausgabe.
ISBN-10: 3-446-43034-2.
ISBN-13: 9-783446-43034-1.
Preis: EUR 19,90.

Dieser Beitrag wurde unter Sachbücher abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.

Weitere interessante Fachartikel

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (1 Bewertungen, Durchschnitt: 5,00 von 5)
Loading...