Selig sind, die Verfolgung ausüben

Päpste und Gewalt im Hochmittelalter.

Das Papsttum in der modernen Forschung.

Autor: Gerd Althoff

Klappentext:

Neuer Blick auf Christentum und Kirche.

„»Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden«? Nicht in den Augen aller Kirchenvertreter des Hochmittelalters. »Es seien die selig zu preisen, die Verfolgung ausübten um der Gerechtigkeit willen«, schrieb etwa im 11. Jahrhundert Bischof Bonizo von Sutri.

Der Historiker Gerd Althoff belegt in seinem neuen Buch: Diese Ungeheuerlichkeit aus der Feder eines Geistlichen, der eigentlich Barmherzigkeit und Güte predigen sollte, entsprach der Strategie und dem Selbstverständnis des Reformpapsttums. Damals kämpften die Päpste insbesondere mit den deutschen Königen im Investiturstreit1) um Macht und Einfluss. Christliche Geistliche formten – vorgeblich unter Berufung auf Augustinus und andere Kirchenväter – die Lehre um, bis sie als normative Grundlage und Legitimation für Gewaltanwendung taugte.“

Presseinformation des Verlags:

Der Historiker Gerd Althoff legt eine bahnbrechende Studie
zu klerikaler Gewalt im Mittelalter vor.

„Gregor VII. gilt bis heute als eines der bedeutendsten Oberhäupter der katholischen Kirche. Als »Reformpapst« setzte er in seiner Amtszeit von 1073 bis 1085 maßgebliche Reformen durch, die die katholische Kirche teilweise bis heute prägen – wie den Zölibat und das Verbot, kirchliche Ämter oder Reliquien zu verkaufen. In seiner Amtszeit begann auch der so genannte »Investiturstreit«, der die politische Stellung des Papstes und seine Macht neu definieren sollte. Der bekannte Mittelalter-Historiker Gerd Althoff nimmt die »Gregorianischen Reformen« in seinem neuen Buch »Selig sind, die Verfolgung ausüben«, das jetzt im Konrad Theiss Verlag erscheint, nun erstmals unter die historiographische Lupe – um zu klären, ob und wie Gregor VII. auch die Gewalt als eine der Säulen der Kirchenpolitik etablierte.

Woher nahm der römische »Friedensfürst« das Sendungsbewusstsein und den Eifer, die neuen Regeln und Reformen konsequent durchzusetzen? War Gregor VII., auf den man auch den ersten Aufruf zu einem Kreuzzug zurückführt, derjenige, der den Kampf gegen Ungläubige und Andersdenkende in der römisch-katholischen Kirche theologisch durchsetzte? War der Papst, der als Christ Frieden, Güte, Barmherzigkeit und auch Feindesliebe predigen sollte, auch ein Prediger der Gewalt?

Der Titel von Althoffs Buch, das auf ein Forschungsprojekt an der Universität Münster zurückgeht, ist an ein Zitat des Bischofs Bonito von Sutri angelehnt. In der Streitschrift »Liber ad amicum« wandelte der Geistliche den bekannten Satz aus der Bergpredigt entsprechend ab, um zu diskutieren, ob es den Christen erlaubt sei, zugunsten ihres Glaubens Gewalt anzuwenden. Wie Althoff in seinem spannenden Buch nachweist, war diese ungeheuerliche Umdeutung kein Einzelfall, sondern päpstliche Politik. Anhand von anderen theologischen Schriften aus der Zeit des 11. Jahrhunderts weist der Historiker luzide und anschaulich nach, dass das Papsttum die Gewaltanwendung konsequent als Machtmittel etablierte und damit die Kirche bis heute prägte. Vor allem das I. Vatikanische Konzil (1869/1870), auf dem die Unfehlbarkeit der Päpste und der unbedingte Gehorsam gegenüber der Kirche als Dogmen festgelegt wurden, sprach die durch Gregor VII. eingeführte Sprache.“

Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:

  • Durch „Revolution“ zur „Weltherrschaft“: Das Papsttum des Hochmittelalters in der modernen Forschung.
  • Die neuen Geltungsansprüche Gregors VII. und ihre biblische Begründung.
  • Die biblischen Grundlagen der päpstlichen Geltungsansprüche.
  • Frühe Ansätze zur Anwendung von potestas im Reformpapsttum.
  • Der Kampf für den Zölibat und gegen die Simonie.
  • Petrus Damiani.
  • Humbert da Silva Candida.
  • Rechtfertigung von Gewalt in gregorianischen Streitschriften.
  • Bonizo von Sutri.
  • Anselm von Lucca.
  • Manegold von Lautenbach.
  • Wenrich von Trier.
  • Der Liber de unitate ecclesiae conservanda.
  • Hugo von Fleury.
  • Papst Urban II. und die Gewalt gegen Ungläubige auf dem ersten Kreuzzug.
  • Der Einfluss der Gewaltdiskurse auf das Kirchenrecht: Die causa 23 des Decretum Gratiani.
  • Die „Häresie des Ungehorsams“ im 12. und 13. Jahrhundert: Ein Ausblick.
  • Innozenz III. und die Zeit des Thronstreits.
  • Friedrich II., die Päpste und die „Häresie des Ungehorsams“.
  • ….

Eine Leseprobe:

Einleitung – Das auslösende Problem

„Den Anlass zu den Forschungen, die hier vorgelegt werden, gab eine Beobachtung, die sich dem Verständnis nicht leicht erschloss. Bischof Bonizo von Sutri, Autor einer Streitschrift im sogenannten Investiturstreit, ein enger Vertrauter Papst Gregors VII., schreibt in seinem »Liber ad amicum« etwas sehr Überraschendes. Seine Aussage relativiert die Verpflichtung des Christen zur unbedingten Friedens- und Feindesliebe, wie sie in der Bergpredigt ihren starken Ausdruck fand, doch sehr beträchtlich: Es seien die selig zu preisen, die Verfolgung ausübten um der Gerechtigkeit willen, sie seien denen gleich, die Verfolgung erlitten um der Gerechtigkeit willen.1 Als Autorität führte er keinen Geringeren als den Kirchenvater Augustinus an. Eine Nachprüfung der Belegstelle ergibt jedoch, dass Augustinus keineswegs als Gewährsmann für die ungewöhnliche Behauptung herangezogen werden kann. Seine Ausführungen lauteten anders und waren von Bonizo oder anderen tendenziös interpretiert, um nicht zu sagen bewusst missverstanden worden.2 Gelten aber sollte die neue Doktrin für die Zeit Gregors VII., die Zeit der Kirchenreform und der Etablierung der päpstlichen Suprematie.

In welchen Zusammenhang gehört eine solch tendenziöse Auslegung der Tradition? Wie hängt sie mit den vieldiskutierten Vorstellungen und Zielen des Reformpapsttums zusammen, das die Befreiung der Kirche vom Einfluss der Laien auf seine Fahnen geschrieben, zudem aber eigene neue Geltungsansprüche in Kirche und Welt formuliert hat? Welche Rolle spielte in den neuen Konzepten von der päpstlichen Machtfülle nicht nur die Binde- und Lösegewalt im Himmel und auf Erden, sondern auch die Berechtigung zur Ausübung von physischer Gewalt gegen Ungehorsame und Widerspenstige? Die Bonizo-These und ihre für moderne Christen wohl eher schockierende Fremdartigkeit, die dennoch bisher in der Forschung wenig Aufmerksamkeit gefunden hat, weist auf Schwachpunkte und blinde Flecken in unserem Verständnis der Reformprozesse des 11. Jahrhunderts und ihrer argumentativen Grundlagen hin. Es scheint nicht wirklich verstanden worden zu sein, warum Bonizos Traktat sich sehr ernsthaft mit der Frage beschäftigt, ob es dem Christen erlaubt sei, für die Wahrheit Gewalt anzuwenden. Und warum er diese Frage mit einem entschiedenen Ja beantwortete. Der „Sitz im Leben“ dieser These ist daher das Thema der folgenden Abhandlung. Oder anders gesagt: Woher nahm das Reformpapsttum die Legitimation, die eigenen Ziele durch den Einsatz von Gewalt erreichen zu dürfen? Erklärt sich vielleicht das so oft beschriebene übersteigerte Sendungsbewusstsein Gregors VII., sein religiöser Fundamentalismus, aus der gleichen Quelle, aus der auch die Gewissheit kam, für die Glaubenswahrheit Verfolgung ausüben zu dürfen? Mit dieser Frage begibt man sich in ein intensiv erforschtes Terrain.

____

1) Investiturstreit: „Der Investiturstreit war der Höhepunkt eines politischen Konfliktes im mittelalterlichen Europa zwischen geistlicher und weltlicher Macht um die Amtseinsetzung Geistlicher (Investitur). Als Zeit des Investiturstreites gelten für gewöhnlich die Jahre ab 1076 (Reichstag in Worms) bis zur Kompromisslösung des Wormser Konkordates im Jahre 1122.“
Quelle: wikipedia.org – Investiturstreit

Eigene Meinung:

Beurteilung des Buches:

Fazit:

Pressestimmen:

  • www.media-spider.com: „…“

Verlag: Theiss Verlag GmbH, 1. Auflage (16. März 2013).
Seitenanzahl: 256 Seiten.
Bindung: Gebundene Ausgabe.
ISBN-10: 3-806-22751-9.
ISBN-13: 9-783806-22751-2.
Preis: EUR 29,95.

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