Der Henker

Leben und Taten des
SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth.

Autor: Dr. Johannes Sachslehner

Klappentext:

»Hochgewachsen, elegant ist er, ein wahrer Wiener Gentleman, interessiert an Literatur und Musik – ein „Traum von einem Mann“. Im Frühjahr 1940 verlässt Amon Leopold Göth die Familie und bricht auf in den „Gangster Gau“ des großmäuligen Hans Frank, hier winken Abenteuer und Karriere: Im Februar 1943 wird Göth zum Kommandanten des Zwangsarbeitslagers Płaszów bei Krakau ernannt. 500 Tage wird er als „König von Płaszów“ herrschen, Herr über Leben und Tod sein, gefürchtet von Zehntausenden, die schutzlos seiner entsetzlichen Lust am „Abknallen“ und „Umlegen“ ausgesetzt sind … Johannes Sachslehner zeichnet das packende Porträt eines Mannes, der in den österreichischen Geschichtsbüchern zwar noch immer verschwiegen wird, international aber – nicht zuletzt durch Steven Spielbergs oscargekrönten Film „Schindlers Liste“ – als Inbegriff des Nazi-Bösen gilt. Ein beklemmender Geschichts-Thriller, der in die zynische Welt eines SS-Mörders führt, in der das Töten Alltag und das Überleben zum Wunder wurde.«

Presseinformation des Verlags:

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Eine Leseprobe:

HOFFNUNG – ERINNERUNG

»Über sechs Jahrzehnte trennen uns inzwischen von den grauenvollen Verbrechen der Nazimörder. So wie ihre Opfer haben auch die Täter vielfach ihr Gesicht verloren, Zehntausende von Massenmördern sind in der Anonymität einer sich immer weiter entfernenden Vergangenheit versunken. Vieles aus diesen Zeiten des Terrors und des Schreckens kann nicht mehr erzählt werden, da es vergessen ist, so ganz und gar vergessen, dass es scheint, als ob es nie gewesen wäre.

Indem sich dieses Buch auf die Suche nach den Spuren eines der österreichischen Täter und seiner zahllosen Opfer begeben hat, möchte es unsere Sinne für die Wahrnehmung der Nazi-Verbrechen schärfen. Es plädiert für eine Wahrnehmung, die über gedankenlose Feststellungen und Lippenbekenntnisse, über das folgenlose Repetieren von Zahlen und Fakten hinausgeht. Die trauerlose, schweigende Gleichgültigkeit, mit der Millionen von Menschen der Kriegsgeneration dem Judenmord, dem Mord an den Roma und Sinti oder an den Homosexuellen und Behinderten zusahen, darf nicht die unsere sein!

Es genügt nicht zu wissen, dass sechs Millionen Juden feige ermordet worden sind – dieses Wissen muss auch in unser Herz einziehen, die Verbrechen der Nazis müssen uns Vermächtnis und klarer Auftrag sein, der schmerzende Stachel, der uns antreibt: nicht nachzulassen im Kampf gegen die faschistische Ideologie, gegen Rassismus und Gewalt. Nur wenn das furchtbare Geschehen von damals unauslöschlich Teil unseres Bewusstseins ist, werden wir auch entsprechend reagieren können, wenn sich das Pendel wieder gefährlich in die Richtung faschistischer Herrschaftspraxis bewegen sollte. Wer sich scheut hinzublicken und nur „seine Ruhe“ haben will, darf nicht überrascht sein, wenn schon morgen das Tabu des Tötens außer Kraft gesetzt wird und die Mörder morgen wieder unter uns sind!

Frieden und Demokratie, die Eckpunkte unseres Wohlstands, sind nur zu bewahren, wenn wir für sie bereit sind zu kämpfen. Die Erinnerung an die Schrecken des Holocaust wird uns Quelle der Kraft sein. Zwar stimmt es, dass dieses Erinnern „nichts sühnt“, wie es der Soziologe Wolfgang Sofsky formuliert hat, und es den Opfern nicht hilft. Inmitten von Ignoranz und Passivität, von Dummheit und Genusssucht unserer „Spaßgesellschaft“ ist sie aber zumindest ein Hoffnungsschimmer: auf ein Bewusstsein von Geschichte, das die Vergangenheit ernst nimmt. Immer wieder liest man in den Aufzeichnungen von Überlebenden des Holocaust, dass sie es nicht glauben konnten, dass derartige Exzesse von Gewalt von Angehörigen einer modernen Gesellschaft überhaupt begangen werden konnten. Man vertraute bis zum letzten Schritt an den Rand des Massengrabes darauf, dass diese „unvorstellbaren“ Verbrechen unmöglich seien – und wurde eines Besseren belehrt! In den Todeslagern und Tötungsfabriken der Nazis zeigte sich: Auch wer Goethe liest und Richard-Wagner-Opern hört und von Kant schwärmt und von Schopenhauer, ist vor dem Blutrausch des Mordens nicht gefeit – der Holocaust führte das Gerede von der deutschen „Kulturnation“ ebenso ad absurdum wie jenes vom „Kulturland“ Österreich. Ja, die Schreie der Gemarterten und der Sterbenden sind nicht mehr hörbar, ihre Hilflosigkeit und Verlassenheit, ihre Verzweiflung und ihre Todesangst nicht mehr spürbar, wir, die Nachgeborenen, können nicht mehr helfen, nichts, nichts kann rückgängig gemacht werden. Wir können allenfalls die Opfer für die Untaten unserer Großväter und Großmütter, unserer Väter und Mütter um großmütige Verzeihung bitten. Wir können aber zuhören, wenn Überlebende erzählen, wir können unser Gewissen erforschen und zumindest die richtigen Schlüsse ziehen. Aus der Erinnerung wächst eine wichtige Erkenntnis: Die Archive des NS-Grauens eröffnen uns Dimensionen des Menschseins, die wir nicht wahrhaben wollen und die dennoch Wirklichkeit sind. An die Stelle des „Willens zum Nichtwissen“ (Wolfgang Sofsky) muss daher der Willen zum Wissen treten – nicht als lästige Pflicht und sinnentleertes Ritual der allseits geforderten political correctness, sondern als Selbstschutz. Wenn wir überleben wollen, müssen wir handeln!

Der Wiener SS-Killer Amon Leopold Göth, von dem dieses Buch erzählt, handelte nicht aus Befehlsnotstand. Er war kein „Täter wider Willen“. Göth war sein eigener Herr und scherte sich wenig um Vorgesetzte, ja, er hasste all die „Schreibtischhengste“ in ihren Büros. Das Töten war allein seine Initiative, er tat es aus Lust und nicht aus Zwang. Er benötigte keinen Befehl, sondern nützte skrupellos den „Freiraum“, den ihm die Todeswelt der Lager bot. Göth, der Lagerkommandant, zelebrierte seine uneingeschränkte Macht über rechtlose Häftlinge bis zum Exzess. In einer barbarischen Welt, in der Menschenwürde nichts mehr zählte, genoss er es, alle Grenzen des Menschlichen zu überschreiten. Es war der wollüstig-teuflische Reiz des Töten-Dürfens, dem er nicht widerstehen konnte, dieser letzte „Kick“, den er empfand, wenn er in die Augen der Todgeweihten blickte. Und er war kreativ, wenn es darum ging, dieses Morden „mit Stil“ zu inszenieren. Ihm, dem erfinderischen Regisseur des Todes, wurde das Lager zur Bühne, auf der Tag für Tag in immer neuen Varianten dasselbe blutige Schauspiel gegeben wurde: der Mord an den Juden. Gekonnt setzte er die entsprechenden Signale für seine „Mitspieler“: das Tragen einer bestimmten Mütze und/oder von weißen Handschuhen, Schlagermusik, Walzer und große Oper – das Töten wurde so gleichsam zum „Event“, es hatte tatsächlich Unterhaltungswert und machte ihm und seiner SS-Entourage nicht wenig „Spaß“. Es war ein „Sport“ für „harte“ Männer. All das wussten die Häftlinge auch bald richtig zu deuten und zu fürchten. Ein eigener Lagercode für die Zahl der Opfer wurde kreiert: 4:0 hieß es lakonisch am Lagertor, wenn Häftlinge abends von ihrem Arbeitseinsatz zurückkamen – vier Tote, für Göth das „Ergebnis“ des Tages.

Der Verlegersohn aus Wien verlor dabei niemals die „wirtschaftliche“ Seite des Judenmordes aus den Augen: jene attraktiven Gewinnaussichten, die ihn bereits träumen ließen von einem Luxusleben als Bankhaus-, Druckerei- und Landgutbesitzer. Göth sah die einmalige Chance gekommen, sich für die Zeit „danach“ als „Unternehmer“ großen Stils etablieren zu können – man musste es nur geschickt anfangen. Doch da ließen ihn seine Kumpane schlussendlich im Stich … Göths Geschichte ist die exemplarische Geschichte eines jungen Österreichers, der vom idealistisch gesinnten braunen „Revolutionär“ zum gewissenlosen Akteur des Massenmordes wurde. Eindringlich führt sie uns vor Augen, was an Bestialität und Menschenverachtung möglich ist, wenn nur die Bedingungen dafür geschaffen werden. Es ist daher eine Geschichte, die uns alle angeht.

Johannes Sachslehner
März 2008«

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DAS POLENLAGER

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Die Exekution von Haubenstock und Krautwirth

»Für den Abend des 3. August 1943 hat Göth ein neues Schauspiel der Grausamkeit angesetzt. Das Lager muss vollzählig am Appellplatz antreten, niemand soll sich seiner Inszenierung entziehen. Göth und seine Killer rufen zur Hinrichtung des 16-jährigen Haubenstock und des Ingenieurs Krautwirth. Und ein besonderer „Ehrengast“ hat sich angesagt: SSPF Julian Scherner. Sein Part: Er darf die Todesurteile verlesen. Der Junge wird beschuldigt, Unruhe unter den ukrainischen Wachen gestiftet zu haben. Er soll ein bekanntes russisches Lied angestimmt haben. Krautwirth, der in der „Neue Kühler- und Flugzeugteilefabrik Kurt Hodermann“, kurz „NKF“, beschäftigt ist, wird vorgeworfen eine Liste ungenau erstellt zu haben.

Bei der Exekution Haubenstocks kommt es zu einer „Panne“: Der Strick um den Hals des Jungen reißt, er fleht noch einmal um sein Leben. Göth stößt ihn jedoch mit einem Tritt zurück und befiehlt ihn noch einmal zu hängen, aber auch diesmal wird der Strick nicht „fachgerecht“ angebracht und so dauert der Todeskampf des Jungen weiter an. Inzwischen hat es Krautwirth geschafft, sich mit einer Rasierklinge die Pulsadern aufzuschneiden; obwohl schon im Sterben liegend, will ihn Göth dennoch hängen sehen. Auch bei Krautwirth versagt jedoch der Henker – auch er kann nicht sterben. Jetzt verliert Göth die Geduld, zieht seinen Revolver und schießt den beiden am Galgen baumelnden Opfern in den Kopf. Wie immer soll Herman Ladner den Toten den Strick abnehmen. Man ist sparsam, auch für die nächsten Hinrichtungen wird gutes Material benötigt. Da Göth auf die Opfer geschossen hat, sind die Stricke aber so voll Blut, dass Ladner sie nicht von den Leichen runterbringt. Göth erlaubt ihm schließlich die Stricke mit einem Messer zu durchschneiden.« Seite 227/228

Pressestimmen:

  • www.media-spider.com, 10/2013: „Dieses Buch berichtet zutiefst bewegend und unverblümt über die Ausbeutung, Demütigung und Vernichtung der deutschen und polnischen Juden von 1939 bis 1945.“

Eigene Meinung / Beurteilung des Buches:

Das Wort »Henker« verbindet man unmittelbar mit dem finsteren Mittelalter, in dem viele unschuldige Menschen aufgrund von Falschanklagen hingerichtet wurden. Doch der Henker von dem Johannes Sachslehner in seinem Buch »Der Henker – Leben und Taten des SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth« berichtet, lebte unter dem Regime der Nationalsozialisten im Dritten Reich und tötete oder lies töten in seiner Funktion als Hauptsturmführer der Schutzstaffel. Der Autor erzählt in den 28 Kapiteln seines Buches den Lebenslauf des jungen Österreichers Amon Leopold Göth. Dieser stieg seit 1930 in der Schutzstaffel auf seiner Karriereleiter im Frühjahr 1942 zum Mitglied im Stab des SS-Brigadeführers Odilo Globocnik auf. Diese SS-Offiziere planten den Massenmord an den Juden im Generalgouvernement in Lublin und führten ihn unter dem Kennwort »Aktion Reinhardt« durch. Im Februar 1943 wurde Göth Kommandant des Zwangsarbeitslagers für Juden in Płaszów. Skrupellos nutzte er hier seine Position. Der Leser erfährt wie Göth, der Herr über Leben und Tod, und seine Mittäter am grausamen und unmenschlichen Töten der Lagerinsassen, denen man jedes Recht genommen hatte, gefallen hatten. Rücksichtslos und ohne Gewissensbisse bereicherte er sich an den Besitztümern der Juden, die ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren.

Fazit:

Ein bedeutsames Buch gegen das Vergessen einer Zeitepoche des Terrors und Schreckens an Millionen von unschuldigen Menschen, das uns zeigt wie teuflisch und grauenvoll Menschen handeln, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür bestehen.

„Folterknechte und Henker belegen auf das Widerlichste,
wie weit vegetierende Gehirne dem Bestialischen verfallen können.“

Raymond Walden (*1945),
Kosmopolit, Pazifist und Autor.

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Buchcover:

Der Henker - Leben und Taten des SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth von Johannes Sachslehner erschienen im Styria Premium Verlag

Der Henker - Leben und Taten des SS-Hauptsturmführers Amon Leopold Göth von Johannes Sachslehner erschienen im Styria Premium Verlag

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Verlag: Styria Premium Verlag; 1. Auflage (26. Juni 2013).
Seitenanzahl: 400 Seiten.
Bindung: Taschenbuch.
ISBN-10: 3-222-13416-2.
ISBN-13: 9-783222-13416-6.
Preis: EUR 18,00.

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