Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Über Schwiegermütter, Perlhühner und die Vorzüge russischer Männer.

Autor: Alexandra Fröhlich

Klappentext:

Kann man einen Tsunami aufhalten?
Eine Lawine? Einen Hurrikan?
Ebenso hoffnungslos ist es, Paulas russische Schwiegermutter vom Gegenteil …

„Kann man einen Tsunami aufhalten? Eine Lawine? Einen Hurrikan? Ebenso hoffnungslos ist es, Paulas russische Schwiegermutter vom Gegenteil zu überzeugen, wenn diese beschließt, einen zwei Zentner schweren Neufundländer nachts auf einem Hamburger Friedhof zu begraben. Denn Darya ist stur wie ein russischer Panzer und verrückt wie ein tollwütiges Frettchen. Mit Logik ist da nichts zu machen, nur Betteln hilft – manchmal. Wäre da nicht Daryas Sohn Artjom, Paula hätte längst die Flucht ergriffen.
Zugegeben, Artjom liebt Wodka, Nachtklubs und Chopin, aber er hat eine Stimme, die Paulas Kniescheiben zum Vibrieren bringt …

„An einem Maitag vor etwa einem Jahr trat diese russische Familie durch die Tür meiner kleinen Kanzlei in mein Leben und hat es seitdem nicht mehr verlassen.“

Paula Matthes, die unerschrockene Rächerin der Enterbten, die siegreiche Kämpferin für Recht und Ordnung – so ungefähr stellt sich Paula ihre Zukunft vor, als sie ihre Rechtsanwaltskanzlei eröffnet. Gute Idee, klappt aber nicht. Deshalb kann sie es sich auch nicht leisten, das exzentrische Paar, das eines Tages unangemeldet bei ihr auftaucht, abzuweisen. Als die beiden dann noch ihren Sohn Artjom als Dolmetscher mitbringen, hat der Verstand, der warnende Worte spricht, endgültig nix mehr zu melden. Denn Artjom Polyakow hat alles, was Paula bei deutschen Männern so sehr vermisst: altmodischen Charme, tiefe Gefühle, die zu zeigen er sich nicht schämt, gepaart mit Witz, Melancholie und Leidenschaft. Diese explosive Mischung überwältigt das kühle Nordlicht Paula derart, dass sie den Immigranten aus Moskau in einer emotionalen Kurzschlusshandlung heiratet. Doch sie heiratet eben nicht nur Artjom – mit ihm fällt seine gesamte skurrile Sippe in Paulas Leben ein …“

Eine Leseprobe:

Prolog
Unauffällig mustere ich meine Schwiegermutter von der Seite. Da sitzt diese Irre, mit zusammengekniffenen Lippen, der Lidstrich noch verschmierter als üblich, ihr falsches Haarteil hat sich von den Klemmen am Hinterkopf befreit, wirr schlängeln sich die blonden Strähnen um ihr kantiges Gesicht. Sie sieht aus wie eine Comicfigur, die einen Stromschlag bekommen hat. Hat sie nicht. Sie ist einfach, wie sie immer ist. So verrückt wie ein tollwütiges Frettchen. »Darya, meine Liebe«, flüstere ich und versuche, einen Hauch Sanftmut in meine Stimme zu legen, »Darya, ich bitte dich, wenn die Polizeibeamten gleich zurückkommen, lass mich reden. Ich regle das schon, ja? Lass mich einfach machen, okay?« Sie kneift die Lippen noch fester zusammen. »Herrgott, ich bitte dich doch nur, ein einziges Mal die Klappe zu halten. Das kann doch nicht so schwer sein!« Ohne mich eines Blickes zu würdigen, öffnet sie ihre Handtasche, entnimmt ein goldenes Döschen und beginnt, ihre Nase zu pudern. Das ist kein gutes Zeichen. »Darya, Dascha«, flehe ich zuckersüß, »bitte, ich mach das schon. Ich hole uns hier raus. Dascha, bitte!« Betteln hilft manchmal, Erniedrigen hilft immer. Sie nickt würdevoll. »Charascho.« Ich habe keine Ahnung, ob sie mich verstanden hat. Meine Schwiegermutter spricht kein Deutsch. Sie lebt seit achtzehn Jahren in meinem Land. Aber sie spricht kein Deutsch. Manchmal sagt sie zum Abschied »Tschüssi« oder »Bis gleich«, wenn wir uns erst in zehn Tagen wiedersehen. Sie kennt ein paar Phrasen, Redewendungen, Satzfetzen, ansonsten verweigert sie sich meiner Sprache. Doch wenn ich mich mit ihrem Sohn unterhalte, sehe ich am Blitzen ihrer Augen, dass sie mehr versteht, als sie zugibt. Auch ihren Wortschatz muss sie heimlich um wesentliche Vokabeln erweitert haben. »Dreckschwein, Nazi«, brüllte sie noch vor zwei Stunden völlig akzentfrei, als sie mit ihrem Gucci-Täschchen auf die Polizisten eindrosch, die uns in der Nacht auf dem Ohlsdorfer Friedhof stellten. »Entschuldigung, die Dame weiß nicht, was Sie von ihr wollen, sie ist nicht von hier«, wandte ich zaghaft ein, während ich dezent versuchte, die Leiche des achtzig Kilogramm schweren Neufundländers zu meinen Füßen beiseitezuschieben. Im Gegensatz zu Darya bin ich von eher mickriger Statur, geschönte einhundertdreiundsechzig Zentimeter groß, dreiundfünfzig Kilo leicht. Weiß Gott, wie wir es überhaupt geschafft haben, diesen stinkenden Köter bis hierherzuschleifen. Er roch schon nicht gut, als er noch lebte. In jenem Zustand allerdings war er unerträglich. Ich war sofort dafür gewesen, Wassilij, auch liebevoll Wassja genannt, nach dem Einschläfern beim Tierarzt zu lassen. Und ich wusste sofort, dass mein Vorschlag inakzeptabel war. Also wanderte das tote Trumm in die Billstedter Datscha, lagerte unter einer schwarzen Plane im aprilfeuchten Schrebergarten meiner Schwiegereltern und weste vor sich hin, während wir uns in endlose Diskussionen verstrickten. Im Garten begraben? Nein, dann sind die Johannisbeeren, die Gurken, die Tomaten ungenießbar, weil das Erdreich verseucht wird. Eine durchaus interessante Theorie, der ich nicht zu widersprechen wagte. Auf freiem Feld verscharren? Zu würdelos. Pietätvoll auf einem Tierfriedhof beisetzen? Eine kurze Recherche ergab, dass diese Zeremonie mit weit über tausend Euro zu Buche schlagen würde – inklusive Sarg aus Kirschbaum und individuell gestaltetem Marmorgrabstein, exklusive einer jährlichen Pacht der Grabstätte in Höhe von circa zweihundertfünfzig Euro. Von den Kosten der Grabpflege ganz zu schweigen, denn wer hat schon die Zeit, jeden Tag von Billstedt ins Hamburger Umland zu fahren, um Laub zu harken oder vertrocknete Blüten abzuknipsen? Aber was sollte Wassja auch auf einem Tierfriedhof? Er war schließlich ein vollwertiges Mitglied der Familie. Rostislav, mein Schwiegervater, enthielt sich elegant einer Entscheidung, indem er den Kopf hin- und herwiegte, unverständlich vor sich hin brummelte und von Zeit zu Zeit spontan in Tränen ausbrach. Immerhin war ein naher Verwandter gestorben. Artjom, mein Mann, war, wo er immer war, wenn man ihn brauchte: nicht da. Unabkömmlich, beruflich unterwegs, weit weg, in einer anderen Stadt. Schatz, das verstehst du doch, du machst das schon, ich verlass mich auf dich. Darya kam das nicht ungelegen. So konnte sie ungestört überlegen, was mit Wassja werden sollte. Sie kommt aus Moskau, eigentlich aus Jakutsk, Sibirien, aber das erwähnt sie ungern, jedenfalls hat sie jahrelang in Moskau gelebt, und dort gibt es nur eine letzte Ruhestätte für herausragende Persönlichkeiten. Das ist der Nowodewitschi-Friedhof. Chruschtschow liegt dort, Puschkin, Gogol, Molotow, Prokofjew – einfach jeder, der einmal etwas auf sich gehalten hat.
Nun ist sie zwar irre, aber nicht irre genug, den Leichnam eines Hundes nach Russland überführen zu wollen. Ein Pendant zum Nowodewitschi musste also her. Es war schnell gefunden. Da sie in Hamburg gestrandet war, durfte es nichts Geringeres als der Friedhof Ohlsdorf sein. Natürlich ist Ohlsdorf höchstens ein müder Abklatsch vom Nowodewitschi, kein Prokofjew, kein Puschkin, aber immerhin Hans Albers und Heinz Erhardt, mehr kann man in diesem Land nicht verlangen. Mein Einwand, dass es in Deutschland unmöglich sei, einen Hund auf einem regulären Friedhof zu beerdigen, wurde mit einem hoheitsvollen Lächeln abgetan. Natürlich müsse man den inoffiziellen Weg wählen, es gebe da doch sicherlich einen Friedhofswärter mit finanziellen Problemen und einem großen Herzen, der ein Gebüsch, ein Stück Wiese, ein Beet kenne, das für Wassja geeignet sei. »Dascha«, sagte ich, »Dascha, vergiss es. Wir sind hier nicht in Russland.« …“

Eigene Meinung / Beurteilung des Buches:

Das Buch handelt von einer absurden, grotesken und lächerlichen Liebesgeschichte zwischen Paula Matthes – einer Hamburger Rechtsanwältin – und Artjom Polyakowa – Sohn eines russischen Ehepaars, das es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Man kann nur hoffen, dass die männlichen Leser dieses Buches sich durch die folgende Textstelle auf Seite 53 jetzt öfter mal dazu animiert oder sogar bestärkt fühlen, den Damen in ihrer Begleitung zärtlich einen Klaps auf den Po zu geben:
„Noch während ich versuchte, mit meinem Kleid möglichst damenhaft einen der taubenblauen Barhocker zu erklimmen, gab mir Artjom mit den Worten: „Ich muss kurz einem Geschäftspartner Hallo sagen. Bin gleich wieder da“, einen Klaps auf den Hintern und entschwand durch eine verspiegelte Schiebetür.
Hupsa, dachte ich, wann hat mir eigentlich das letzte Mal ein Mann auf den Hintern gehauen? Ich musste nicht lange nachdenken: noch nie. Ich war erstaunt, dass es sich nicht ungebührlich anfühlte.“

Fazit:

Der amüsante und tolle Roman ist flott geschrieben und sehr flüssig zu lesen. Er beschreibt ehrlich und offen die Problematik einer Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen mit ganz verschiedenen Gewohnheiten und Mentalitäten.

Pressestimmen:

  • Stadtmagazin, 12.12.2012: „Ihr (Alexandra Fröhlichs) Debütroman empfiehlt sich als Comedy-Lektüre mit Romantik, punktet aber auch mit Situationskomik, Slapstick und unverbrauchten Gags.“
  • Tina, 18.12.2012: „»Meine russische Schwiegermutter« von Alexandra Fröhlich ist so amüsant, dass man vielleicht gleich zwei Exemplare kaufen sollte. Eins zum Behalten und eins zum Verschenken!“

Verlag: Knaur TB (20. Dezember 2012).
Seitenanzahl: 320 Seiten.
Bindung: Taschenbuch Ausgabe.
ISBN-10: 3-426-51256-4.
ISBN-13: 9-783426-51256-2.
Preis: EUR 12,99.

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